Fraktionserklärung: Schauspielhaus Pfauen

Sanfte Modernisierung: Wird der Leuchtturm am Pfauen seine Strahlkraft bewahren?

Nach einem intensiven Prozess der Güterabwägung und sorgfältiger Prüfung der vier Sanierungsvarianten mit unterschiedlichen Eingriffstiefen unterstützt eine Mehrheit der SP-Fraktion die dringlich notwendige Modernisierung der Pfauenbühne durch einen Teilneubau.

 

Das Haus braucht langfristige Perspektiven und seine Akteur:innen ordentliche Arbeitsbedingungen – gerade auch, wenn der Pfauen seiner Tradition als Ensemble- und Repertoiretheater im 21. Jahrhundert gerecht werden will. Eine umfassende Erneuerung, die für einen zukunftsfähigen Theaterbetrieb den höchsten Mehrwert und das beste Kosten-Nutzen ausweist, trägt diesen betrieblichen Bedürfnissen mittel- und langfristig angemessen Rechnung und bietet für die künstlerische Zukunft und Positionierung der Pfauenbühne im deutschsprachigen Raum optimale Voraussetzungen: Dank der neuen räumlichen Anordnung und den zusätzlichen Flächen, die im Rahmen einer umfassenden Erneuerung unabhängig vom unsicheren Erwerb anliegender Liegenschaften im Blockrand erfolgen können, werden die betrieblichen Abläufe durch die Entkopplung von Logistik und Bühne und damit auch die Arbeitsbedingungen massgeblich verbessert. Für die Inszenierungen und das Bühnenbild eröffnen sich durch die neue Hinter- und eine zweite Nebenbühne neue Spielräume, die dem zeitgemässen Theaterschaffen gerecht werden und ein vielfältiges Repertoire ebenso wie die eminent wichtigen Kooperationen mit anderen Häusern gewährleisten.

 

Für die Strahlkraft des Schauspielhauses sind die künstlerische Entwicklung entscheidend. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gilt es dabei auch, bei der Modernisierung den bestehenden und sich wandelnden Bedürfnissen der Theaterbesucher:innen gerecht zu werden. Der demokratische Theatersaal mit uneingeschränkten Sichtlinien und optimaler Akustik für 630 Besuchende und ein Foyer mit verbesserter Aufenthaltsqualität erfüllen diese Ansprüche perfekt.

 

Negativ ins Gewicht fällt bei einer umfassenden Erneuerung der Verlust von erhaltenen Originalelementen, insbesondere vom Zuschauersaal von 1926. Die kultur- und sozialgeschichtliche Bedeutung und Schutzwürdigkeit dieses Saals sind auch innerhalb der SP-Fraktion unbestritten. Funktionalität und historische Schutzwürdigkeit bewegen sich hier in einem Zielkonflikt, der mit keiner der vier Varianten aufgelöst werden kann und berühren ein Feld, in dem den persönlichen Wertehaltungen Rechnung getragen will. Aus diesem Grund hat die SP-Fraktion Stimmfreigabe beschlossen.

 

Eine Minderheit der SP-Fraktion erachtet den Pfauen mit seiner Geschichte als Hort der künstlerischen Freiheit während der Nazi-Zeit als einen derart wichtigen Erinnerungsort und kulturhistorischen Zeitzeuge, dass ihr ein Abriss nicht gerechtfertigt erscheint. Bei einem derart schützenswerten Gebäude mit seiner europaweit einzigartigen Geschichte ist die Minderheit der SP-Fraktion der Ansicht, dass sich Aufführungen dem Gebäude anpassen müssen und nicht umgekehrt. Die Minderheit der SP-Fraktion ist zudem überzeugt davon, dass im jetzigen Pfauen und nach moderaten Sanierungseingriffen auch weiterhin hervorragendes Theater gespielt werden kann.

 

Ungewiss ist indessen, ob und in welchem Umfang sich die betrieblichen Einschränkungen bei einer Instandsetzung mit geringen Eingriffen gemäss Variante 2 der Vorlage auf die betriebswirtschaftlichen Entwicklungen und den Leistungsauftrag des Schauspielhauses mittel- und langfristig auswirken werden. Der Schutz und Erhalt des Pfauensaals haben seinen Preis, der bei den Befürworter:innen einer umfassenden Erneuerung mit Blick auf die Sanierung mit kleinen Eingriffen berechtigte Fragen aufwirft.

 

Offen bleibt für alle Beteiligten schliesslich auch die Frage, ob die Erinnerung in der Substanz des Gebäudes nun sitzt oder ob sie nicht vielleicht doch in einem aktiven Bestreben willentlich und angemessen gepflegt und gewürdigt werden kann. Ein gesellschaftlicher Auftrag bleibt sie angesichts der bewegenden und bewegten Vergangenheit der Pfauenbühne alleweil.

 

Die Mehrheit der SP-Fraktion bedauert in kulturpolitischer Sicht, dass die Chance einer nachhaltig zukunftsfähigen Positionierung des Schauspielhauses durch die Modernisierung nicht genutzt werden kann. Gleichwohl ist es für die Stadt Zürich und die Zukunft des Schauspielhauses entscheidend, dass eine wie auch immer gestaltete Sanierung in Kraft gesetzt werden kann und politisch und vor allem in der Zürcher Bevölkerung breit abgestützt ist. Die SP-Fraktion wird dazu ihren Beitrag leisten.

 

Dass ein zukunftsfähiges Schauspielhaus die Erinnerung in einem lebendigen Theaterbetrieb angemessen würdigen und sie in die Zukunft führen kann, bleibt für die SP-Fraktion unbestritten. Erinnerung braucht eine ihr zugewandte Gegenwart, eine lebendige Bühne, um ihre Strahlkraft für die Zukunft zu entfalten.

 

 

Weitere Auskünfte:

Maya Kägi Götz, SP Gemeinderätin, Tel. 078 812 50 77

 

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